From b73f653e7c90904f9c3931c3a43c2e3fb45c089a Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Ulli Kehrle Date: Fri, 27 Oct 2017 13:49:37 +0200 Subject: Vorlesung vom Freitag hinzugefügt. MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: 8bit --- inhalt.tex | 264 ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++- 1 file changed, 260 insertions(+), 4 deletions(-) (limited to 'inhalt.tex') diff --git a/inhalt.tex b/inhalt.tex index 8e912e6..9e653c1 100644 --- a/inhalt.tex +++ b/inhalt.tex @@ -402,7 +402,7 @@ Um Allerdings von Stetigkeit reden zu können, müssen wir zunächst \emph{Topol Dann existieren disjunkte Umgebungen $U,U' ∈ \U_{x_0}$. Weiterhin gibt es ein $n_{0} \in \N$, so dass $x_{n} \in U$ für alle $n \geq n_{0}$ und $n_0' \in \N$, so dass $x_{n} \in U'$ für alle $n \geq n_0'$. - Also gilt $x_{\max\{n_{0},\={n_{0}}\}} \in U \cap U'$ + Also gilt $x_{\max\{n_0,n'_0\}} \in U \cap U'$ Das ist ein Widerspruch zur Disjunktheit der Umgebungen. \end{beweis} @@ -455,10 +455,10 @@ Um Allerdings von Stetigkeit reden zu können, müssen wir zunächst \emph{Topol \begin{definition}[Relativtopologie oder Spurtopologie] $M \subset \T$ eines topologischen Raumes $(X,\T)$ lässt sich in natürlicher Weise - zu einem topologischen Raum machen, nämlich mit $\'{\T} := {M \cap V : V \in \T}$. + zu einem topologischen Raum machen, nämlich mit $\T' := {M \cap V : V \in \T}$. \end{definition} \begin{bemerkung} - $M = M \cap X \in \'{\T}$ da $X \in \T$, d.h. $M$ ist offen in der Spurtopologie. + $M = M \cap X \in \T'$ da $X \in \T$, d.h. $M$ ist offen in der Spurtopologie. Achtung: $M$ muss nicht offen in $X$ sein. \end{bemerkung} @@ -484,7 +484,7 @@ Um Allerdings von Stetigkeit reden zu können, müssen wir zunächst \emph{Topol $\T_{1}$ sei die Topologie, die durch die Kugeln $B_{\eps}(x)={y \in R^n : \norm{x-y}<\eps}$ erzeugt wird. $\T_{2}$ sei die Topologie, die durch die Quader - $B_{\eps}(x)={y \in R^n : \max_{1 \geq i \geq n} |y_{i}-x_{i}|<\eps}$ erzeugt wird. + $B_{\eps}(x)={y \in R^n : \max_{1 \leq i \leq n} |y_{i}-x_{i}|<\eps}$ erzeugt wird. \end{beispiel} \begin{definition}[Produkttopologie] @@ -987,6 +987,7 @@ Für die Stetigkeit der skalaren Multiplikation im Punkt $(α,x) ∈ \K × X$ ha \begin{lemma} + \label{lemma-metrischer-linearer-raum-charak} Sei $(X,d)$ ein metrischer Raum mit linearer Struktur und mit einer translationinvarianten Metrik. Dann ist $X$ mit der von $d$ erzeugten Topologie ein \emph{metrischer linearer Raum} genau dann, wenn für alle $α ∈ \K, x ∈ X$ und beliebige Nullfolgen $(x_n)_{n ∈ ℕ} ⊂ X, (α_n)_{n ∈ ℕ) ⊂ \K}$ gilt \begin{gather*} @@ -1021,8 +1022,263 @@ Für die Stetigkeit der skalaren Multiplikation im Punkt $(α,x) ∈ \K × X$ ha \end{proof} +\begin{definition} + Eine Abbildung $|\cdot|: X → [0,∞)$ heißt \emph{Quasi-Norm} auf dem Linearen + Raum $X$, falls gilt: + \begin{enumerate}[label=(Q\arabic*)] + \item + $|x| \ge 0$ für alle $x ∈ X$ und $|x| = 0$ genau dann, wenn $x = 0$. + \item + $|-x| = |x|$ für alle $x ∈ X$ + \item + $|x+y| \le |x| + |y|$ für alle $x,y ∈ X$ + \item + $|αx_n| \xrightarrow{n → ∞} 0$ für $α ∈ \K$, falls $|x_n| → 0$ + \item + $|α_nx| \xrightarrow{n → ∞} 0$ für $x ∈ X$, falls $|α_n| → 0$ + \item + $|α_nx_n| \xrightarrow{n → ∞} 0$ falls $|x_n| → 0$ und $|α_nx_n| → 0$ + \end{enumerate} + $(X,|\cdot|)$ heißt dann \emph{quasi-normierter} Raum. +\end{definition} + +\begin{bemerkung} + Jeder normierte Raum ist auch ein quasi-normierter Raum. +\end{bemerkung} + +\begin{satz} + \begin{enumerate} + \item + Ist $|\cdot|$ eine Quasi-Norm auf $X$, so wird durch $d(x,y) := |x-y|$ eine translationsinvariante Metrik definiert, welche $X$ zu einem metrischen linearen Raum macht. + \item + Ist $(X,d)$ ein metrischer linearer Raum mit translationsinvarianter Metrik $d$, so ist + $(X,|\cdot|)$ mit $|x| := d(x,0)$ ein quasi-normierter Raum. + \end{enumerate} +\end{satz} +\begin{proof} + Das folgt direkt aus den Axiomen und \cref{lemma-metrischer-linearer-raum-charak}. +\end{proof} + + +Speziell für die Anwendung sehr wichtige metrische lineare Räume werden von Semi-Normen erzeugt. + +\begin{definition} + Sei $X$ ein linearer Raum. + Eine Abbildung $p: X → ℝ$ heißt \emph{Semi-Norm} oder \emph{Halbnorm}, falls folgendes gilt: + \begin{enumerate}[label=(S\arabic*)] + \item + $∀x ∈ X: p(x) ≥ 0$ + \item + $∀ x ∈ X, α ∈ \K: p(αx) = |α| p(x)$ + \item + $∀ x, y ∈ X: p(x+y) ≤ p(x) + p(y)$ + \end{enumerate} + $(X,p)$ heißt dann \emph{semi-normierter} Raum. +\end{definition} + +\begin{beispiel-nn} + $\L^p(\Omega)$ ist ein semi-normierter Raum. +\end{beispiel-nn} + +\begin{bemerkung-nn} + Jeeder semi-normierte Raum $(X,p)$ erzeugt einen normierten Raum $(X/N,p)$, wobei $N = \{ x ∈ X: p(x) = 0\}$ ein linearer Unterraum ist. +\end{bemerkung-nn} + +\begin{satz} + \label{satz-abzaehlbares-prod-seminormierter-raeume} + Es seien $p_n: X → ℝ, n ∈ ℕ$ abzählbar viele Semi-Normen auf einem linearen Raum mit der Eigenschaft + \begin{equation} + p_n(x) = 0 \text{ für alle n ∈ ℕ } \implies x = 0. \label{eq:seminorm-folge-blub} + \end{equation} + Dann ist + \[ + d(x,yr) := \sum_{n = 1}^∞ 2^{-n} \frac{p_n(x-y)}{1+p_n(x-y)} + \] + eine translationsinvariante Metrik auf $X$, welche $X$ zum metrischen linearen Raum macht. +\end{satz} + +\begin{bemerkung} + $p_n: X → ℝ$ sind auf $(X,d)$ stetig. Das folgt aus (für $x_i → x_0$ in $X$) + \[ + |p_n(x_i) - p_n(x_0)| \le p_n(x_i-x_0) \xrightarrow{} 0 + \] + und einer Übungsaufgabe. +\end{bemerkung} + +\begin{satz} + \label{satz-umgebungsbasis-produkt-von-seminorm} + Sei $(X,d)$ der in \cref{satz-abzaehlbares-prod-seminormierter-raeume} gegebene metrische lineare Raum (mit der von der Metrik erzeugten Topologie). + Dann bilden die Mengen ($ε_n > 0$) + \[ + U (p_n,ε_n) := \bigcup B^{p_n}_{ε_n}(0) + = \{ x ∈ X: p_n(x) < ε_n\} + \] + und deren endliche Durchschnitte eine Umgebungsbasis von $0 ∈ X$ +\end{satz} + +\begin{bemerkung-nn} + Nach dem Invarianzprinzip ist damit durch $\bigcup B^{p_n}_{ε_n}$ die ganze Topologie bestimmt. + Mit anderen Worten: Die Topologie welche über die Metrik bestimmt ist, ist dieselbe wie die, welche von den + $U(p_n,ε_n)$ und endlichen Schnitten davon erzeugt wird. +\end{bemerkung-nn} +\begin{proof}[\cref{satz-umgebungsbasis-produkt-von-seminorm}] + Zunächst ist $U (p_n,ε_n) ∈ \T$: + Sei $n ∈ ℕ$ und $ε_n > 0$ fest und $y ∈ U(p_n,ε_n)$ beliebig gegeben. + Dann ist $p_n(y) < ε_n$. Dann wähle $ρ = ρ(y) > 0$, so dass $p_n(y) + ρ < ε_n$. + Dann gilt für $r := 2^{-n} \frac{ρ}{1+ρ} > 0$: + \[ + x ∈ B_r(y) \implies p_n(x+r) < ρ. + \] + Dazu ist + \[ + \frac{p_n(x-y)}{1+p_n(x-y)} \le 2^n \underbrace{d(x,y)}_{< r} < 2^n r = \frac{ρ}{1+ρ}, + \] + also $p_n(x-y) < ρ$. Mit diesem $r$ gilt $B_r(y) ⊂ U(p_n,ε_n)$: + Sei $x ∈ B_r(y)$. Dann gilt + \[ + p_n(x) \le \underbrace{p_n(x-y)}_{< ρ} + p_n(y) < p_n(y) + ρ = ε_n + \] + wie gewünscht. + + + Sei $ B_r(0), r > 0$ gegeben. + Wähle $n_0 ∈ ℕ$ mit + \[ + \sum_{n=n_0}^∞ 2^{-n} < \frac r 2. + \] + + mit $ε := \frac r 2 $ gilt dann + \[ + \bigcap{n=1}^{n_0} U(p_(,ε) ⊂ B_r(0). + \] + Sei dazu $x ∈ \bigcap_{n=1}^{n_0} U(p_n,ε)$ beliebig. + Dann ist + \[ + d(x,0) \le \sum_{n=1}^{n_0} 2^{-n} \frac{p_n(x)}{1+p_n(x)} + \sum_{n=n_0}^∞ 2^{-n} < ε \sum_{n=1}^{n_0} 2^{-n} + \frac r 2 < ε + \frac r 2 = r, + \] + somit also $x ∈ B_r(0)$. +\end{proof} + +\begin{bemerkung} + Die Mengen $U(p_n,ε_n)$ und deren endlichen Schnitte sind konvexe Mengen, das heißt + \[ + x, y ∈ U(p_n,ε_n),α ∈ [0,1] \implies αx+(1-α)y ∈ U(p_n,ε_n) + \] +\end{bemerkung} +\begin{proof} + Es ist + \[ + p_n(αx + (1-α)y) \le |α| \underbrace{p_n(x)}_{< ε_n} + |1-α|\underbrace{p_n(y)}_{< ε_n} = ε_n. + \] +\end{proof} + +Also besitzt der in \cref{satz-abzaehlbares-prod-seminormierter-raeume} gewonne metrische lineare Raum $(X,d)$ eine Umgebungsbasis von $0$, die nur aus konvexen elementen besteht. + +\begin{definition} + Ein topologischer linearer Raum $(X,\T)$, in dem jedes $x ∈ X$ eine Umgebungsbasis besitzt, die nur aus konvexen Mengen besteht, heißt \emph{lokalkonvex}. +\end{definition} + +\begin{satz} + Sei $X$ ein linearer Raum mit Semi-Normen $p_i, i ∈ I$, wobei $I$ eine beliebige Indexmenge ist, mit der Eigenschaft + \[ + p_i(x) = 0 \text { für alle } i ∈ I \implies x = 0. + \] + Dann sind die Mengen + \[ + U(p_i,ε_i) = \{ x ∈ X: p_{(x) < ε_i}\}, \quad ε_i > 0, i ∈ I + \] + und deren endliche Schnitte eine konvexe Umgebungsbasis von $0 ∈ X$. + Die dadurch gewonne Topologie $\T$ macht $X$ zu einem \emph{lokalkonvexen Hausdorff-Raum}. +\end{satz} + +\section{Beispiele} +Wir werden die unten angegebenen Beispiele auch gleich auf Vollständigkeit untersuchen. + +\begin{definition} + \begin{enumerate} + \item + Ein metrischer linearer Raum $(X,d)$ der vollständig ist, heißt \emph{Fréchet-Raum}. + \item + Ein normierter Raum $(X,\norm\cdot)$, der vollständig ist, heißt \emph{Banach-Raum}. + + \end{enumerate} +\end{definition} + +\begin{beispiel-nn}[$\ell^p$-Räume] + \begin{enumerate} + \item + $(\ell^p,\norm\cdot_p)$, $1 \le p < ∞$ ist normierter Raum mit + \[ + \norm x _p = \left( \sum_{i=1}^∞ |x_i|^p \right)^{1/p}. + \] + \item + $(\ell^∞,\norm\cdot_∝)$, ist normierter Raum mit $\norm x _∞ = \sup_{i ∈ ℕ} |x_i|$. + \item + $(\ell^p,|\cdot|_p = \norm\cdot_p^p)$, $0 \le p < 1$ ist quasi-normierter Raum. + \end{enumerate} +\end{beispiel-nn} + +\begin{bemerkung} + Für $0 < p < q \le ∞$ gilt $\ell^p ⊂ \ell^q ⊂ \ell^∞$. +\end{bemerkung} +\begin{beweis} + Sei $x ∈ \ell^p$ mit $|x| = 1 = \sum_{i ∈ ℕ} |x_i|^p$. + Dann ist für alle $i ∈ ℕ$ $|x_i|^p \le 1$, also auch $|x_i| < 1$. + Dann folgt auch $\sum_{i ∈ ℕ} |x_i|^q < 1$, also $x ∈ \ell^q$ und $\sup_{i ∈ ℕ} |x_i| ≤ 1$, also $x ∈ \ell^∞$. +\end{beweis} + + +\begin{satz} + Für $1 \le p \le ∞$ ist $(\ell^p,\norm\cdot_p)$ ein Banachraum. + Für $0 < p < ∞$ ist $(\ell^p,|\cdot|_p)$ ein Fréchet-Raum. +\end{satz} +\begin{proof} + Nur für $1 \le p < ∞$. + Sei dazu $(x_n)_{n ∈ ℕ} ⊂ \ell^p$ eine Cauchy-Folge, also + $x_n = (ξ_k^n)_{k ∈ ℕ}$ und für jedes $ε > 0$ gibt es ein $n_0$ mit + \[ + ∀n,m > n_0: \norm{x_n-xm}_p = \left( \sum_{k=1}^∞ |ξ_k^n-ξ_k^m|^p \right)^{1/p} < ε. + \] + Sei $k_0 ∈ ℕ$ beliebig. Dann ist + \[ + (ξ_k^n)_{n ∈ ℕ} + \] + eine Cauchy-Folge in $\K$, besitzt also einen Grenzwert $ξ_{k_0}$. + Setze nun $x := (ξ_k)_{k ∈ ℕ} ∈ \K^∞ = s$. Wir vermuten $x$ als Grenzwert unserer Cauchy-Folge. + Also müssen wir zeigen, dass $x ∈ \ell^p$, und dass unsere Folge tatsächlich gegen $x$ konvergiert. + + Es gilt + \[ + \norm{x_n}_! \le \underbrace{\norm{x_n-x_{n_0}}}_{< ε} + \norm{x_{n_0}} \quad \forall n \ge n_0 + \] + Deshalb existiert ein $M > 0$ mit $\norm{x_n}_p < M$ für alle $n ∈ ℕ$, also + \[ + \sum_{k=1}^N |ξ_k^n|p < \sum_{k =1}^∞ |ξ_k^n|^p \le M^p < ∞. + \] + Also haben wir + \[ + \sum_{k=1}^N |ξ_k^p| \le M^p \quad ∀ n ∈ ℕ, + \] + also durch Grenzwertbildung $N → ∞$ auch $\norm{x}_p^p ≤ M^p$ bzw. $x ∈ \ell^p$. + + + Ferner haben wir + \[ + \sum_{k=1}^N |ξ_k^n-ξ_k^m|^p < ε^p \quad ∀ N ∈ ℕ, n, m ≥ n_0(ε). + \] + Für $n → ∞$ folgt + \[ + \sum_{k=1}^N |ξ_k-ξ_k^m|^p < ε^p \quad ∀N ∈ ℕ, m ≥ n_0, + \] + und mit $N → ∞$ + \[ + \sum_{k=1}^∞ |ξ_k-ξ_k^m|^p < ε^p \quad ∀m ≥ n_0, + \] + also die Konvergenz. +\end{proof} +\end{document} %%% Local Variables: %%% mode: latex %%% TeX-master: "funkana" -- cgit v1.2.3-24-g4f1b