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authorUlli Kehrle <ulli.kehrle@rwth-aachen.de>2017-11-02 15:47:36 +0100
committerUlli Kehrle <ulli.kehrle@rwth-aachen.de>2017-11-02 15:47:36 +0100
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@@ -1,4 +1,4 @@
-\documentclass[twoside=semi,chapterprefix=true,headings=big]{skript}
+\documentclass[twoside=false,chapterprefix=true,headings=big]{skript}
\title{Funktionalanalysis}
\subtitle{Mitschrift zur Vorlesung}
\author{Prof. Dr. Maier-Paape}
@@ -14,7 +14,7 @@
\def\U{\mathcal{U}}
\def\eps{\varepsilon}
\def\iff{\Leftrightarrow}
-\def\gdw{\Longleftrightarrow}
+\def\gdw{\;\Longleftrightarrow\;}
\newcommand\cl[1]{\overline{#1}}
\newcommand\Pot[1]{\mathcal{P}(#1)}
\DeclareMathOperator{\End}{End}
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@@ -1273,7 +1273,200 @@ Wir werden die unten angegebenen Beispiele auch gleich auf Vollständigkeit unte
\]
also die Konvergenz.
\end{proof}
+\begin{beispiel-nn}
+ Betrachte den Folgenraum $S = \K^∞ = \{x = (ξ_n)_{n ∈ ℕ}, ξ_n ∈ \K\}$.
+ Dann ist
+ \[
+ p_n(x) := |ξ_n|, \quad p_n: \K^∞ → ℝ
+ \]
+ eine abzählbare Familie von Halbnormen mit
+ \[
+ p_n(x) = 0 ∀n ∈ ℕ \implies x = 0 ∈ \K^∞
+ \]
+ Nach \cref{satz-abzaehlbares-prod-seminormierter-raeume} folgt, dass $(\K^∞, d)$ mit
+ \[
+ d(x,y) := \sum_{n ∈ ℕ} 2^{-n} \frac{p_n(x-y)}{1+p_n(x-y)}
+ \]
+ ein metrischer linearer Raum ist.
+ Der Konvergenzbegriff entspricht gerade der komponentenweisen Konvergenz, das heißt, für eine Folge $(x_k)_{k ∈ ℕ}$ mit $x_k = (ξ^k_n)_{n ∈ ℕ}$ gilt
+ \[
+ x_k \xrightarrow[k→∞]{} 0 \; \Longleftrightarrow \; d(x_n,0) \xrightarrow[k→∞]{} 0 \; \Longleftrightarrow \; p_n(x_k) \xrightarrow[k→∞]{} ∀ n ∈ ℕ \; \Longleftrightarrow \; |ξ_n^k| \xrightarrow[k→∞] 0 ∀ n ∈ ℕ.
+ \]
+
+ Wir fragen uns nun, ob auf dem $\K^∞$ auch eine Topologie existiert, so dass der induzierte Konvergenzbegriff der der gleichmäßigen Konvergenz in allen Komponenten entspricht?
+ Also
+ \[
+ x_k \xrightarrow[k → ∞]{\text{glm}} 0 ∈ \K^∞ \gdw ∀ε > 0 ∃ k_0 ∈ ℕ: |ξ_n^k| < ε ∀ k \ge k_0 ∀n ∈ ℕ.
+ \]
+ Wenn $\K^∞$ ein topologischer linearer Raum sein soll, ist das nicht möglich. Notwendig wäre, dass für eine Folge $x  ∈ \K^∞$
+ \[
+ α_k \xrightarrow[k → ∞]{} 0 \text{ in } \K \implies α_k x \xrightarrow[k→∞]{} \text{ in } X = \K^∞.
+ \]
+ Wähle dazu die Nullfolge $(α_k)_{k ∈ ℕ} = (1/k)_{k ∈ ℕ} ⊂ ℝ$, $x= (n)_{n ∈ ℕ} ⊂ X$. Dann ist
+ \[
+ α_k x = (n/k)_{n ∈ ℕ} ∈ \K^∞
+ \]
+ zwar eine Nullfolge in $\K^∝$ ist, diese Konvergenz ist jedoch nicht gleichmäßig in $n$.
+ Man kann zeigen, dass $\K^∞$ mit $d$ vollständig, also ein Fréchet-Raum, ist.
+ Ist $\K^∞$ auch normierbar?
+ Also gibt es auf $\K^∞$ eine Norm, welche die gleiche Topologie erzeugt wie die $d$?
+ Auch das ist nicht möglich:
+\end{beispiel-nn}
+\begin{lemma}
+ \label{lemma-s-metrikkugeln-enthalten-unterraeme}
+ In $(\K^∞,d)$ gilt:
+ \begin{enumerate}
+ \item
+ $B_1(0) = \K^∞$
+ \item
+ Betrachte den linearen Unterraum $M_{n_0} := \{ x = (ξ_n)_{n ∈ ℕ}$ mit $ξ_n = 0$ für $n = 1,…,n_0 \}$.
+ Dann gibt es für jeden Radius $r > 0$ ein $n_0 ∈ ℕ$, so dass $M_{n_0} ⊂ B_{r}(0)$.
+ Das heißt, jede noch so kleine Metrikkugel enthält einen nichttrivialen Unterraum.
+ \end{enumerate}
+\end{lemma}
+\begin{proof}
+ \begin{enumerate}
+ \item
+ Das ist trivial.
+ \item
+ Sei $r > 0$ gegeben.
+ Wähle nun $n_0$, so dass $\sum_{n=n_0+1}^∞ 2^{-n} < r$.
+ Dann gilt
+ \[
+ ∀ x ∈ M_{n_0}: d(x,0) =
+ \sum_{n ∈ ℕ} 2^{-n} \frac{p_n(x)}{1+p_n(x)} =
+ \sum_{n=n_0}^∞ 2^{-n} \frac{p_n(x)}{1+p_n(x)} \le
+ \sum_{n=n_0}^∞ 2^{-n} < r.
+ \]
+ \end{enumerate}
+\end{proof}
+
+Wäre nun die Topologie auf $(\K^∞,d)$ nun auch von einer Norm erzeugt, dann wären die Normkugeln
+\[
+ B_r^{\norm\cdot}(0) = \{ x ∈ \K^∞: \norm x < \tilde r \}
+\]
+auch eine Umgebungsbasis der Null.
+Das heißt insbesondere würden wir zu jedem $\tilde r$ ein $r$ finden, so dass $0 ∈ B_r^d(0) ⊂ B_r^{\norm\cdot} (0)$.
+Mit \cref{lemma-s-metrikkugeln-enthalten-unterraeme} folgt also
+\[
+ M_{n_0} ⊂ B_r(0) ⊂ B_r^{\norm\cdot}(0)
+\]
+für ein geeignetes $n_0$.
+Sei nun ein $0 \ne x ∈ M_{n_0}$. Dann ist, da $M_{n_0}$ ein Unterraum ist, auch $αx ∈ M_{n_0}$ für alle $α ∈ \K$.
+Das heißt,
+\[
+ |α| \cdot \norm x = \norm{αx} < \tilde r \text{ für alle } α ∈ \K,
+\]
+was bereits $α = 0$ impliziert. Das ist ein Widerspruch.
+
+
+\begin{beispiel-nn}[Räume beschränkter Funktionen]
+ Sei $S$ eine beliebige Menge und $B(S) := \{ f: S → \K, f(s)$ ist beschränkt $\}$.
+ Dann wird $B(S)$ mit
+ \[
+ \norm f _{B(S)} := \sup_{x ∈ S} |f(x)| < ∞,
+ \]
+ der $\sup$-Norm, zu einem Banachraum.
+ Dabei ist offensichtlich, dass $\norm\cdot_{B(S)}$ tatsächlich eine Norm ist, und wir werden in einer Übung zeigen, dass die induzierte Metrik tatsächlich vollständig ist.
+\end{beispiel-nn}
+
+\begin{lemma-nn}
+ \label{lemma-vollst-ubertragt-abgeschl-teilmengen}
+ Sei $(X,d)$ ein metrischer Raum, $Y ⊂ X$. Es gilt
+ \begin{enumerate}
+ \item
+ Wenn $(X,d)$ vollständig ist und $Y$ abgeschlossen, dann ist auch $(Y,d|_{Y×Y}$ vollständig.
+ \item
+ Wenn $(Y,d|_{Y×Y}$ vollständig ist, so ist $Y$ abgeschlossen in $(X,d)$.
+ \end{enumerate}
+\end{lemma-nn}
+\begin{proof}
+ Übungsaufgabe.
+\end{proof}
+
+
+\begin{beispiel-nn}[Räume stetiger Funktionen]
+ Sei $K ⊂ ℝ^n$ kompakt, also nach Heine-Borel abgeschlossen und beschränkt.
+ Dann ist
+ \[
+ C(k) = \{ f: K → \K, f \text{ stetig} \}
+ \]
+ ein normierter Raum mit
+ \[
+ \norm{f}_{C(K)} = \norm{f}_{∞} = \max_{t ∈ K} |f(t)|,
+ \]
+ der Maximumsnorm.
+ Dieses Maximum wird tatsächlich immer angenommen, da $K$ kompakt ist (Satz von Minimum und Maximum).
+ Insbesondere sind alle stetigen Funktionen auf $K$ beschränkt. Damit gilt offensichtlich $C(K) ⊂ B(K)$ und $\norm{f}_{C(K)} = \norm{f}_{B(K)}$ für alle $f ∈ C(K)$.
+ Da jede stetige Funktion auf kompakten Teilmengen von metrischen Räumen auch gleichmäßig stetig ist, das heißt
+ \[
+ ∀ ε > 0 ∃ δ > 0: \left( |t_1-t_2| < δ \implies |f(t_1)-f(t_2)| < ε \right) ∀ t_1,t_2 ∈ K
+ \]
+\end{beispiel-nn}
+
+\begin{lemma}
+ $C(K)$ ist ein abgeschlossener Unterraum von $(B(K), \norm\cdot_{B(K)})$ und somit insbesondere auch (mit \cref{lemma-vollst-ubertragt-abgeschl-teilmengen}) vollständig.
+\end{lemma}
+\begin{proof}
+ Sei $(f_i)_{i ∈ ℕ}$ eine konvergente (in $(B(K),\norm\cdot_{B(K)})$) Folge in $C(K)$.
+ Dann existiert ein $f ∈ B(K)$ mit $f_i \xrightarrow[i → ∞]{\norm{\cdot}_{B(K)}} f$.
+ Wir müssen zeigen, dass $f$ bereits stetig ist.
+ Für beliebige $t₁, t_2 ∈ K$ gilt
+ \[
+ |f(t_1)-f(t_2) | \le \underbrace{|f_i(t_1)-f_i(t_2)|}_{< ε/3 \text{ für } |t_1-t_2| < δ^{(i)}(ε)} + 2 \underbrace{\norm{f_i - f}_{B(K)}}_{< ε/3 \text{ für } i > i_0} < ε.
+ \]
+ Damit ist $f$ auch gleichmäßig stetig, also insbesondere auch stetig und in $C(K)$.
+\end{proof}
+Das heißt, die Stetigkeit der Folgenglieder $(f_i)_{i ∈ ℕ} ⊂ C(K)$ überträgt sich auf die Grenzfunktion und Konvergenz in $(C(K),\norm\cdot_{∞})$ ist „gleichmäßig auf $K$“.
+Wegen dieser Eigenschaft ist die Maximumsnorm $\norm\cdot_∞$ auch die natürliche Norm auf $C(K)$.
+Andere mögliche Normen (und damit andere Topologien) auf $C(K)$ wären z.B.
+\[
+ \norm{f}_p = \left( \int_K |f(t)|^p dt \right)^{1/p}, \quad 1 \le p < ∞.
+\]
+Allerdings ist die Konvergenz in dieser Topologie impliziert keine Stetigkeit für die Grenzfunktion.
+
+
+\begin{beispiel-nn}
+ Sei $\Omega ⊂ ℝ^n$ offen und analog
+ \[
+ C(\Omega) := \{ f: \Omega → \K, f \text { stetig }\}.
+ \]
+ Hier können Funktionen aber auch unbeschränkt sein. Also braucht $\sup |f|$ nicht mehr zu existieren.
+\end{beispiel-nn}
+
+\begin{definition}
+ Es sei $(K_m)_{m ∈ ℕ}$ eine \emph{Ausschöpfung} von $\Omega$ mit kompakten Mengen $K_= ⊂ \Omega$, das heißt, es gelte
+ \[
+ \begin{cases}
+ \Omega = \bigcup_{m ∈ ℕ} K_m, \quad K_m ⊂ K_{m+1}, \\
+ K ⊂ \Omega \text { kompakt } \implies K ⊂ K_m \text { f ür ein } m ∈ ℕ
+ \end{cases}
+ \]
+\end{definition}
+Man nehme z.B.
+\[
+ K_m = \{ x ∈ \Omega ⊂ ℝ^n: \norm{x} \le m, \operatorname{dist}(x,∂\Omega) \ge 1/m\},
+\]
+wobei $\operatorname{dist}(x,∂\Omega) := \inf\{ \norm{x-y}: y ∈ ∂\Omega\}$ und $∂M = \cl \Omega \setminus \Omega$.
+
+Dann ist $C(\Omega)$ mit der Metrik
+\[
+ d(f,0) = \sum_{m ∈ ℕ} 2^{-m} \frac{\norm{f}_{C(K_m)}}{1+\norm{f}_{C(K_m)}}
+\]
+ein Fréchetraum, also ein metrisierbarer linearer Raum nach \cref{satz-abzaehlbares-prod-seminormierter-raeume}, da
+\[
+ \norm{f}_{C(K_m)} = 0 ∀ m ∈ ℕ \implies f = 0 ∈ C(\Omega).
+\]
+
+Es gilt in diesem Raum
+\[
+ d(f_i,f) \xrightarrow[i → ∞]{} 0 \gdw
+ \norm{f_i-f}_{C(K_m)} \xrightarrow[i → ∞]{} ∀m ∈ ℕ,
+\]
+was ja gerade gleichmäßige Konvergenz auf jeder Kompakten Menge $K ⊂ \Omega$ bedeutet.
+Damit ist Stetigkeit der Folgenglieder $(f_i)_{i ∈ ℕ} ⊂ C(\Omega)$ impliziert Stetigkeit der Grenzfunktion $f ∈ C(\Omega)$, da Stetigkeit nur eine lokale Eigenschaft ist.
+Wir werden in der Übung sehen, dass $C(\Omega)$ mit dieser Metrik $d_{C(\Omega)}$ nicht normierbar ist.
\end{document}
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